Health workforce across European Countries
manifesto for a european health union

Regionale sektorenübergreifende Versorgungspolitik

Regional cross-sectoral health care policy

Die sektorenübergreifende regionale Versorgungsplanung steht vor der Herausforderung, bestehende Planungserfahren neu zu strukturieren. Dabei geht es nicht nur um die Informationsbereitstellung, sondern auch um die Verantwortlichkeiten und Finanzierung der Beteiligten. Die Bestands- und Bedarfsanalysen der Gesundheitsregionen in Bayern stellen regional sektorenübergreifende Informationen bereit. Regional übergreifende Versorgungspolitik erfordert aber darüber hinaus gehende Strategien und Analysen. The cross-sectoral regional healthcare planning faces the challenge of restructuring existing instruments and planning procedures. It is not only a matter of using the information, but also of adjusting the responsibility and financing of the stakeholders. The supply and demand studies on the health regions in Bavaria provide regional cross-sectoral information. But a cross-regional care policy requires countrywide strategies and analyses.

Sektorenübergreifende Versorgungspolitik

Der Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP sieht vor, dass die gesundheitliche und pflegerische Versorgung zukunftssicher, bedarfsgerecht und wohnortnah sein muss. Dafür soll die sektorenübergreifende Versorgung u. a. auch durch mehr Spielräume für regionale Modellprojekte und Mitgestaltungsmöglichkeiten weiter gestärkt werden. Ziel ist eine moderne sektorenübergreifende Gesundheits- und Pflegepolitik [1].

Wie diese sektorenübergreifende Versorgung ausgestaltet werden soll, ist jedoch unklar. In der intensiv-pflegerischen Versorgung soll z. B. die freie Wahl des Wohnorts erhalten bleiben. Das Intensivpflege- und Rehastärkungsgesetz (IPReG) soll daraufhin evaluiert und nötigenfalls angepasst und eine rechtssichere Grundlage für die 24-h-Betreuung im familiären Bereich soll gestaltet werden.

Medizinische Orientierung

Im Kern orientiert sich der Koalitionsvertrag an der bestehenden medizinischen Ausrichtung und Aufgabenverteilung. Die ambulante Bedarfs- und stationäre Krankenhausplanung soll gemeinsam mit den Ländern zu einer sektorenübergreifenden Versorgungsplanung weiterentwickelt werden. Unklar ist dabei, wie die Langzeitpflege, aber auch die Prävention eingebunden werden soll. Hier haben die Kommunen eine besondere Verantwortung.

„Mit einem Bund-Länder-Pakt bringen wir die nötigen Reformen für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung auf den Weg. Eine kurzfristig eingesetzte Regierungskommission wird hierzu Empfehlungen vorlegen und insbesondere Leitplanken für eine auf Leistungsgruppen und Versorgungsstufen basierende und sich an Kriterien wie der Erreichbarkeit und der demographischen Entwicklung orientierende Krankenhausplanung erarbeiten. Sie legt Empfehlungen für eine Weiterentwicklung der Krankenhausfinanzierung vor, die das bisherige System um ein nach Versorgungsstufen (Primär-, Grund-, Regel-, Maximalversorgung, Uniklinika) differenziertes System erlösunabhängiger Vorhaltepauschalen ergänzt.“ [1]

Kommunale Verantwortung

Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels stehen viele Kommunen vor Problemen der Sicherstellung eines wirtschaftlich leistungsfähigen Gesundheitssystems vor Ort. Allerdings kann nicht alles, manches muss aber vor Ort angeboten werden. Eine Optimierung der Versorgung ist deshalb nicht ohne regionsübergreifende Koordination möglich. Bereits durch das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) besteht für die Kommunen die Möglichkeit, ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) zu gründen (§ 95 Abs. 1a Satz2 SGB V), um die Versorgung vor Ort zu gewährleisten.

Auch sollen nach dem „Ampel-Vorschlag“ den Kommunen in der pflegerischen Versorgung vor Ort im Rahmen der Versorgungsverträge verbindliche Mitgestaltungsmöglichkeiten eingeräumt werden. „Wir unterstützen den bedarfsgerechten Ausbau der Tages- und Nachtpflege sowie insbesondere der solitären Kurzzeitpflege.“ [1]

Ärzte, Krankenhausbetten und Pflegeplätze

Pflegeplätze, Krankenhausbetten und Gesundheitspersonal sind regional sehr unterschiedlich verteilt. Abbildung 1 zeigt z. B. die Verteilung der ambulant tätigen Ärzte, der Krankenhausbetten und der Pflegebetten nach Kreisen in Bayern. Die Dichte der ambulant tätigen Ärzte ist im Süden Bayerns wesentlich höher als im Norden. Während in der ärztlichen Bedarfsplanung die Arztsitze im Vordergrund stehen, sind es im stationären Bereich die Pflegeplätze (überwiegend Pflegebetten) und Krankenhausbetten. Es gibt Regionen mit sehr geringer Arzt- und hoher Bettendichte. Die dadurch entstehenden Kosten verteilen sich auch unterschiedlich.

Abbildung 1: Ambulante Arztdichte und Bettendichte nach Landkreisen in Bayern, 2017

Abbildung 1: Ambulante Arztdichte und Bettendichte nach Landkreisen in Bayern, 2017

Pflegepersonal

Zur Behebung des Personalproblems in der Pflege setzt der Koalitionsvertrag auf eine verbesserte Inputsteuerung. „Kurzfristig führen wir zur verbindlichen Personalbemessung im Krankenhaus die Pflegepersonalregelung 2.0. (PPR 2.0) als Übergangsinstrument mit dem Ziel eines bedarfsgerechten Qualifikationsmix ein. In der stationären Langzeitpflege beschleunigen wir den Ausbau der Personalbemessungsverfahren.“ [1]

Sektorenübergreifende Bestandsanalysen

Eine sektorenübergreifende Versorgung ist für eine qualitativ hochwertige und patientenorientierte Versorgung Voraussetzung. Hierzu kann die Gesundheitsberichterstattung Information für die Gesundheitspolitik liefern.

Arbeiten von BASYS und SAGS für die Gesundheitsregionen Regensburg [2] und Aschaffenburg [3] zeigen die Bedeutung der Verzahnung der medizinischen und pflegerischen Versorgung für die Gesundheitsregionen in einer älter werden Gesellschaft. Auch wächst mit dem demografischen Wandel der Druck, die Versorgungssituation für alte Menschen zu verändern. Darüber hinaus zeigt sich aber auch, dass die etablierte Statistik noch nicht alle Fragen beantworten kann. Unklar ist z. B., wie eine regionale Abgrenzung erfolgen muss, um eine gebietsübergreifende Versorgung adäquat abbilden zu können. Im linken Diagramm sind Kreise mit geringer Arztdichte und geringer Krankenhausbettendichte grün gekennzeichnet. Insgesamt zählt Bayern 18 Kreise, die in diese Kategorie fallen. 25 der 96 Kreise haben dagegen eine hohe ambulante Arztdichte und eine hohe Krankenhausbettendichte, hellviolett gekennzeichnet. Die meisten dieser Kreise sind kreisfreie Städte, die das Umland mitversorgen.

Zu den zwei Kreisen mit einer extremen Ungleichverteilung zählen Günzburg (gelb: geringe ambulante Arztdichte, aber hohe Krankenhausbettendichte) und Weilheim (dunkelviolett: hohe ambulante Arztdichte und geringe Krankenhausbettendichte). Auch bei den Pflegebetten ist Weilheim im unteren Terzil (grün: wenig Pflegeplätze und geringe Krankenhausbetten). Die Krankenhaushäufigkeit ist aber deutlich erhöht [4].

Fazit

Eine sektorenübergreifende Versorgung ist nur erfolgreich, wenn im Rahmen der ambulanten, stationären und pflegerischen Versorgungsplanung zukünftig zumindest eine Koordination stattfindet, solange es keine sektorenübergreifende Versorgungsplanung gibt. In diesem Zusammenhang ist es notwendig, dass die Statistik weiterentwickelt wird und regionale Prozesse und Strukturdaten zur Verfügung stellt. Dazu zählt auch, das Überleitungsmanagement und den Informationsfluss zwischen den Sektoren weiter zu optimieren, um Informationsverluste zum Nachteil der Patienten zu reduzieren.

Referenzen

[1] https://www.bundesregierung.de/resource/blob/974430/1990812/04221173eef9a6720059cc353d759a2b/2021-12-10-koav2021-data.pdf?download=1.

[2] https://www.gesundheitsregionplus-regensburg.de/media/51463/datenanalyse_grplus-r_basys_sags_20200527_layout-final.pdf.

[3] https://www.gesundheitsregion-ab.de/wp-content/uploads/2022/05/Regionaler-Gesundheitsbericht-2022.pdf.

[4] https://www.lgl.bayern.de/gesundheit/gesundheitsberichterstattung/gesundheitsindikatoren/themenfeld03/indikator0327.htm.


Autoren
Markus Schneider, Uwe Hofmann, Thomas Krauss

Eine PDF-Version dieses Artikels kann hier heruntergeladen werden.